
Was ist Multiple Sklerose?
Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die das Gehirn und das Rückenmark betrifft. Sie führt dazu, dass das Immunsystem fälschlicherweise die schützenden Myelinscheiden der Nerven angreift, wodurch Nervenimpulse gestört oder unterbrochen werden. Dies kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, darunter Muskelschwäche, Koordinationsstörungen, Sehstörungen und chronische Müdigkeit (Fatigue). Der Verlauf ist individuell sehr unterschiedlich, und die Erkrankung kann in Schüben oder fortschreitend verlaufen.
Verbreitung
Multiple Sklerose betrifft weltweit etwa 2,8 Millionen Menschen. In Deutschland leben schätzungsweise 280.000 Menschen mit der Erkrankung. MS tritt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf und betrifft Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer. [Deutsches Ärzteblatt]
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen von Multiple Sklerose sind noch nicht vollständig geklärt. Experten gehen davon aus, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei der das Immunsystem die körpereigenen Nervenzellen angreift.
Zu den möglichen Risikofaktoren gehören:
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Genetische Veranlagung: MS tritt in manchen Familien gehäuft auf.
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Infektionen: Bestimmte Viren, wie das Epstein-Barr-Virus (EBV), könnten das Risiko erhöhen.
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Vitamin-D-Mangel: Ein niedriger Vitamin-D-Spiegel wird mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für MS in Verbindung gebracht.
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Umweltfaktoren: Rauchen und geringe Sonnenlichtexposition könnten das Erkrankungsrisiko beeinflussen.
Obwohl die genauen Mechanismen noch erforscht werden, steht fest, dass eine gestörte Immunreaktion und entzündliche Prozesse im Nervensystem eine zentrale Rolle spielen.
Symptome der Multiplen Sklerose
Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu einer Vielzahl neurologischer Symptome führen kann. Die Beschwerden variieren individuell und hängen davon ab, welche Nervenbahnen betroffen sind.
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Muskelschwäche & Koordinationsstörungen: Betroffene erleben oft Schwäche in Armen und Beinen, Muskelkrämpfe (Spastiken) und eine eingeschränkte Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeit. Dies kann sich durch Gangunsicherheit oder Zittern äußern.
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Sehstörungen: Zu den häufigsten ersten Symptomen gehören verschwommenes Sehen, Doppelbilder oder vorübergehender Sehverlust (Optikusneuritis), da MS oft den Sehnerv betrifft.
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Fatigue & Erschöpfung: Viele Menschen mit MS leiden unter chronischer Müdigkeit (Fatigue), die unabhängig von körperlicher Anstrengung auftritt und den Alltag stark beeinträchtigen kann.
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Sensibilitätsstörungen: Dazu zählen Taubheitsgefühle, Kribbeln („Ameisenlaufen“) oder ein unangenehmes Spannungsgefühl in Armen, Beinen oder im Gesicht.
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Kognitive Beeinträchtigungen: Einige Betroffene haben Schwierigkeiten mit Konzentration, Gedächtnis und Denkprozessen, was sich auf den Alltag und die Arbeitsfähigkeit auswirken kann.
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Weitere Begleitsymptome: Häufig treten auch Blasen- und Darmstörungen, Schwindel, Schmerzen sowie depressive Verstimmungen auf.
Die Symptome von MS treten häufig schubweise auf, können sich aber auch langsam verschlechtern (progredienter Verlauf). Der individuelle Krankheitsverlauf variiert stark und erfordert eine frühzeitige Diagnose und gezielte Therapie.
Verlaufsformen der Multiplen Sklerose
Multiple Sklerose kann sich in unterschiedlichen Verlaufsformen äußern, die den Krankheitsverlauf und die Prognose beeinflussen:
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Schubförmig-remittierende MS (RRMS): Die häufigste Verlaufsform (ca. 85 % der Fälle). Es treten plötzliche Krankheitsschübe auf, die sich teilweise oder vollständig zurückbilden.
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Sekundär progrediente MS (SPMS): Bei vielen Patienten mit schubförmigem Verlauf geht die Erkrankung nach Jahren in eine kontinuierliche Verschlechterung über, unabhängig von Schüben.
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Primär progrediente MS (PPMS): Hier kommt es von Beginn an zu einer langsam fortschreitenden Verschlechterung, ohne klare Schübe. Diese Form ist seltener (ca. 10-15 % der Fälle).
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Benigne MS: Ein milder Verlauf, bei dem es nach wenigen Schüben kaum bleibende Einschränkungen gibt.
Der individuelle Verlauf ist nicht vorhersehbar und kann von Patient zu Patient stark variieren. Eine frühzeitige Therapie kann helfen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.
Diagnose von Multipler Sklerose
Die Diagnose der Multiplen Sklerose (MS) kann herausfordernd sein, da die Symptome individuell variieren und viele andere neurologische Erkrankungen ähnliche Beschwerden verursachen können. MS wird daher anhand spezifischer Kriterien und durch den Ausschluss anderer Ursachen festgestellt.
Wichtige Kriterien für die Diagnose:
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Nachweis von Entzündungsherden im zentralen Nervensystem (Gehirn oder Rückenmark)
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Zeitliche und räumliche Streuung der Läsionen (mindestens zwei Schübe oder Läsionen an unterschiedlichen Orten)
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Typische Symptome wie Sehstörungen, Muskelschwäche oder Sensibilitätsstörungen
Diagnostische Verfahren:
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MRT (Magnetresonanztomographie): Erkennung von Entzündungsherden im Gehirn und Rückenmark
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Lumbalpunktion: Untersuchung der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) auf entzündliche Veränderungen
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Neurophysiologische Tests: Messung der Nervenleitfähigkeit zur Beurteilung von Schäden
Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um frühzeitig mit einer geeigneten Therapie zu beginnen und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. [S2k-Leitlinie Multiple Sklerose]
Therapie von Multipler Sklerose
Die Therapie von Multipler Sklerose (MS) wird individuell angepasst und zielt darauf ab, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
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Medikamentöse Therapie: Einsatz von Immunmodulatoren und Immuntherapien wie Interferon-beta oder monoklonalen Antikörpern, um Entzündungsreaktionen zu hemmen und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.
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Schubtherapie: Bei akuten Krankheitsschüben werden hochdosierte Kortikosteroide eingesetzt, um Entzündungsherde zu reduzieren und Symptome schneller abklingen zu lassen.
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Symptomatische Therapie: Behandlung spezifischer Beschwerden wie Muskelspastiken, Schmerzen oder Fatigue.
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Physio- und Ergotherapie: Förderung von Beweglichkeit, Koordination und Muskelkraft durch gezieltes Training, um den Funktionsverlust zu minimieren.
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Psychologische Therapie: Unterstützung beim Umgang mit der Erkrankung durch kognitive Verhaltenstherapie (CBT) oder andere psychotherapeutische Ansätze.
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Alternative Therapie: Medizinisches Cannabis wird in den Leitlinien zur Behandlung von schweren, therapieresistenten Muskelspastiken bei MS empfohlen. Es kann helfen, Spastiken zu lindern, Schmerzen zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern.
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Lebensstil-Anpassungen: Regelmäßige Bewegung, eine entzündungshemmende Ernährung, Stressmanagement und ausreichend Schlaf können sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken.
Da Multiple Sklerose individuell verläuft, sollte die Therapie eng mit Fachärzten abgestimmt werden, um den größtmöglichen Behandlungserfolg zu erzielen. [S2k-Leitlinie Multiple Sklerose]

Cannabis bei Multipler Sklerose: Ein Blick auf die pflanzliche Alternative
Das Endocannabinoid-System und Multiple Sklerose
Das Endocannabinoid-System (ECS) spielt eine zentrale Rolle bei der Regulation des Immunsystems, der Entzündungshemmung und der Muskelkontrolle – alles Prozesse, die bei Multipler Sklerose eine wichtige Rolle spielen.
Endocannabinoide wie Anandamid und 2-AG binden an CB1- und CB2-Rezeptoren, die sowohl im zentralen Nervensystem als auch im Immunsystem aktiv sind. Diese Interaktion könnte dabei helfen, neuroinflammatorische Prozesse zu beeinflussen, Muskelspastiken zu reduzieren und Schmerzen zu lindern.
Da bei MS eine überaktive Immunreaktion das Nervensystem angreift, könnte eine Modulation des ECS dazu beitragen, die Symptome zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Obwohl die Forschung hierzu weiterläuft, wird medizinisches Cannabis bereits von den Leitlinien zur Behandlung von therapieresistenten Spastiken empfohlen und zunehmend als ergänzende Therapieoption betrachtet. [S2k-Leitlinie Multiple Sklerose]
Wirkung von THC (Tetrahydrocannabinol) bei Multipler Sklerose
THC (Tetrahydrocannabinol) bindet direkt an CB1-Rezeptoren im Nervensystem und CB2-Rezeptoren im Immunsystem, wodurch es Einfluss auf die Muskelkontrolle, Spastikreduktion und Schmerzwahrnehmung nehmen kann. Diese Aktivierung könnte dazu beitragen, Muskelkrämpfe (Spastiken) zu lindern, die bei Multipler Sklerose besonders belastend sind.
Zusätzlich wirkt THC muskelentspannend und entzündungshemmend, was helfen kann, neuropathische Schmerzen, Schlafstörungen und Unruhe zu reduzieren – häufige Begleiterscheinungen der Erkrankung. Manche Betroffene berichten zudem von einer verbesserten Beweglichkeit und einer insgesamt höheren Lebensqualität.
Psychoaktive Nebenwirkungen wie Benommenheit oder Rauschgefühle sollten jedoch beachtet werden, insbesondere bei der Dosierung und Anwendung im Alltag.
Wirkung von CBD (Cannabidiol) bei Multipler Sklerose
CBD (Cannabidiol) wirkt nicht psychoaktiv und beeinflusst das Endocannabinoid-System (ECS) indirekt, indem es den Abbau von Endocannabinoiden hemmt und deren Wirkung verstärkt. Dadurch kann CBD dazu beitragen, entzündliche Prozesse zu regulieren, Muskelspastiken zu reduzieren und neuropathische Schmerzen zu lindern – zentrale Faktoren bei Multipler Sklerose.
Zudem besitzt CBD entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften, die helfen können, oxidativen Stress und Nervenschäden zu minimieren. Viele Betroffene berichten außerdem von einer Reduktion von Ängsten, Schlafstörungen und Muskelverspannungen, wodurch sich das allgemeine Wohlbefinden verbessern kann.
Da CBD keine psychoaktiven Nebenwirkungen hat, wird es häufig als gut verträgliche Option in der ergänzenden MS-Therapie eingesetzt – insbesondere in Kombination mit THC, um eine ausgewogene Wirkung zu erzielen.
Fazit
Cannabis bietet vielversprechende Ansätze in der unterstützenden Behandlung von Multipler Sklerose. Durch die Wirkung auf das Endocannabinoid-System kann es helfen, Muskelspastiken zu lindern, neuropathische Schmerzen zu reduzieren und Entzündungen zu hemmen.
Die Therapie sollte individuell angepasst und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, um die optimale Balance zwischen THC und CBD zu finden und mögliche Nebenwirkungen zu minimieren. Da medizinisches Cannabis bei therapieresistenten Spastiken bereits von den Leitlinien empfohlen wird, gilt es als eine sinnvolle Ergänzung zur klassischen MS-Therapie.
Multiple Sklerose und Cannabis: Die Studienlage
Die Forschung zum Einsatz von Cannabis bei Multipler Sklerose (MS) liefert zunehmend interessante Erkenntnisse:
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Symptomlinderung: Eine systematische Übersichtsarbeit deutet darauf hin, dass Cannabinoide spastische Symptome und Schmerzen bei MS-Patienten reduzieren können. [Filippini et al. 2022]
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Verbesserung der Lebensqualität: Studien zeigen, dass Cannabis-basierte Therapien positive Effekte auf die Lebensqualität von MS-Patienten haben können, insbesondere durch die Linderung von Spastizität und Schmerzen. [Haddad et al. 2022]
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Leitlinienempfehlung: Die aktuelle S2k-Leitlinie zur Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose empfiehlt den Einsatz von Cannabis-basierten Medikamenten zur Behandlung von therapieresistenter Spastik bei MS-Patienten.
Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse bleibt die Evidenzlage begrenzt. Weitere Forschung ist notwendig, um den genauen Nutzen und mögliche Risiken von Cannabis in der MS-Therapie besser zu verstehen.
Wie kann Ich mir Cannabis gegen Multiple Sklerose (MS) verschreiben lassen?
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Beratungsgespräch: Besprich mit deinem Arzt, ob eine Cannabis-Therapie bei dir sinnvoll ist. Dabei werden mögliche Vor- und Nachteile sowie Risiken besprochen.
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Rezept: Liegt eine Indikation vor, kannst du Cannabisblüten oder -extrakte auf Rezept erhalten. Ob und in welchem Umfang die Krankenkasse die Kosten übernimmt, solltest du im Vorfeld klären.
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Einstellung: In der Regel beginnt man mit einer niedrigen Dosis, um Nebenwirkungen zu minimieren, und steigert sie schrittweise, bis man eine spürbare Verbesserung erreicht.
Häufige Fragen zu Cannabis und MS
Was bewirkt Cannabis bei MS?
Viele Menschen mit Multipler Sklerose (MS) berichten, dass Cannabis ihre Symptome lindern kann, indem es Muskelspastiken reduziert und neuropathische Schmerzen verringert. Insbesondere THC wirkt muskelentspannend und schmerzlindernd, während CBD entzündungshemmend und beruhigend wirkt und so die allgemeine Belastung durch die Erkrankung mindern kann.
Welches Cannabis bei MS?
Cannabis kann individuell angepasst werden, je nach Symptomatik und Bedarf:
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THC-dominante Sorten können bei Multipler Sklerose muskelentspannend und schmerzlindernd wirken, da THC direkt an CB1- und CB2-Rezeptoren bindet. Es kann zudem helfen, Spastiken zu reduzieren, neuropathische Schmerzen zu lindern und Schlafprobleme zu verbessern.
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CBD-dominante Sorten wirken nicht psychoaktiv und besitzen entzündungshemmende sowie angstlösende Eigenschaften. Sie werden gut vertragen und eignen sich besonders für den täglichen Gebrauch, da sie Beschwerden lindern, ohne die Konzentrations- oder Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen.
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Kombinationspräparate mit abgestimmten THC-/CBD-Verhältnissen ermöglichen eine gezielte Therapie, die die spastik- und schmerzlindernden Effekte von THC mit den entzündungshemmenden Eigenschaften von CBD kombiniert, während die psychoaktive Wirkung reduziert bleibt.
Für eine optimale Wirkung und minimale Nebenwirkungen ist eine ärztliche Begleitung unerlässlich, um die passende Sorte, Dosierung und Anwendungsform individuell abzustimmen.

Cannabis bei MS: Was sagt ein Arzt?

Dominik Köhler, Arzt
"Seit über zwei Jahren begleite ich Patienten in der Cannabistherapie, darunter auch viele mit Multipler Sklerose.
Trotz anerkannter Behandlungsmethoden bleibt die Symptomkontrolle bei MS oft eine Herausforderung. Cannabis stellt eine vielversprechende Ergänzung zur klassischen Therapie dar, die in vielen Fällen Muskelspastiken reduzieren, neuropathische Schmerzen lindern und die Schlafqualität verbessern kann.
Betroffene berichten über eine verminderte Spastik, weniger Schmerzen, eine gesteigerte Mobilität und eine insgesamt höhere Lebensqualität.
Der Therapieerfolg und die Wahl der passenden Sorte sind individuell verschieden. Eine ärztliche Begleitung ist daher essenziell, um die optimale Dosierung und Zusammensetzung von THC und CBD zu finden."
Disclaimer
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