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Medizinisches Cannabis bei Angststörungen

Du leidest unter einer Angststörung? Medizinisches Cannabis beeinflusst die Regulation von Angst- und Stressreaktionen.

Junge Frau mit ernstem Blick vor dunklem Hintergrund – Darstellung von Angst, Sorgen oder emotionaler Belastung.

Angststörungen:
Ursachen, Verbreitung und Risikofaktoren

Was sind Angststörungen?

Angststörungen (engl. anxiety disorders) sind eine Gruppe psychischer Erkrankungen, die durch anhaltende und übermäßige Ängste oder Sorgen gekennzeichnet sind. Diese Angstreaktionen sind oft unverhältnismäßig stark im Vergleich zur tatsächlichen Bedrohung und können den Alltag der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Zu den häufigsten Formen zählen Generalisierte Angststörung (GAS), Panikstörung, soziale Angststörung und spezifische Phobien.
 

Verbreitung

Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen weltweit. In Deutschland sind rund 15 % der Bevölkerung betroffen, Frauen häufiger als Männer. Die ersten Symptome treten meist im Jugend- oder frühen Erwachsenenalter auf. [Deutsches Ärzteblatt]

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen von Angststörungen sind komplex und können durch eine Kombination biologischer, psychologischer und umweltbedingter Faktoren entstehen.

Mögliche Risikofaktoren:

  • Genetische Veranlagung: Angststörungen treten familiär gehäuft auf.

  • Neurobiologische Faktoren: Eine Überaktivität des Angstzentrums im Gehirn (Amygdala) sowie ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern wie Serotonin und GABA können eine Rolle spielen.

  • Stress und traumatische Erlebnisse: Belastende Erfahrungen in der Kindheit oder schwere Lebensereignisse (z. B. Verlust, Unfälle, Gewalt) erhöhen das Risiko.

  • Persönlichkeitsmerkmale: Menschen mit einem erhöhten Bedürfnis nach Kontrolle oder einem eher ängstlichen Temperament sind anfälliger.

Obwohl Angst eine natürliche Reaktion auf Bedrohungen ist, kann eine gestörte Angstverarbeitung zu chronischen Angstzuständen führen, die eine professionelle Behandlung erfordern.

Formen von Angstörungen

Angststörungen können sich in verschiedenen Formen äußern, die sich in ihren Symptomen und Auswirkungen unterscheiden:

  • Generalisierte Angststörung (GAS): Betroffene leiden unter anhaltenden, übermäßigen Sorgen und Ängsten, die sich auf verschiedene Lebensbereiche beziehen. Körperliche Symptome wie innere Unruhe, Muskelverspannungen und Schlafstörungen sind häufig.

  • Panikstörung: Plötzliche, wiederkehrende Panikattacken mit starken körperlichen Reaktionen wie Herzrasen, Atemnot oder Schwindel treten auf. Oft entwickeln Betroffene eine Angst vor der nächsten Attacke (Erwartungsangst).

  • Soziale Angststörung: Eine übermäßige Angst vor sozialen Situationen oder der Bewertung durch andere Menschen. Betroffene meiden oft soziale Kontakte aus Angst vor Blamage oder Kritik.

  • Spezifische Phobien: Intensive, irrationale Ängste vor bestimmten Objekten oder Situationen, z. B. Höhenangst, Angst vor Spinnen oder Flugangst.

  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Entsteht nach einem traumatischen Erlebnis und äußert sich durch Flashbacks, Albträume, emotionale Taubheit oder starke Angstreaktionen.

Die Ausprägung von Angststörungen ist individuell verschieden. Während einige Betroffene nur gelegentlich unter Symptomen leiden, kann die Erkrankung bei anderen das tägliche Leben stark beeinträchtigen. Eine frühzeitige Behandlung kann helfen, die Symptome zu kontrollieren und die Lebensqualität zu verbessern.

Diagnose von Angststörungen

Die Diagnose von Angststörungen erfolgt gemäß der S3-Leitlinie Angststörungen anhand eines strukturierten Vorgehens. Da Angststörungen häufig mit körperlichen Symptomen einhergehen, werden organische Ursachen ausgeschlossen, bevor eine psychische Diagnose gestellt wird.

Wichtige Kriterien für die Diagnose:

  • Ausführliche Anamnese: Offenes Interview mit Erfassung der Lebensumstände, Belastungsfaktoren und ersten Angsterlebnissen

  • Screening- und Fragebögen: Z. B. GAD-7 (Generalisierte Angststörung), PHQ-4 (Patient Health Questionnaire) zur ersten Einschätzung

  • Strukturierte Diagnostik: Anwendung standardisierter Interviews wie SCID (Structured Clinical Interview for DSM) oder MINI (Mini-International Neuropsychiatric Interview)

  • Schweregradbestimmung: Einschätzung der Intensität der Symptome mittels Angstskalen wie der Hamilton-Angstskala

Differenzialdiagnostik:

Um organische Ursachen auszuschließen, können folgende Untersuchungen notwendig sein:

  • Körperliche Untersuchung und Blutbild (z. B. zur Abklärung von Schilddrüsenstörungen)

  • EKG zur Beurteilung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

  • Neurologische Diagnostik, z. B. EEG oder MRT, falls eine organische Ursache wie Epilepsie oder Multiple Sklerose vermutet wird

Da Angststörungen in der Primärversorgung oft unerkannt bleiben, ist es wichtig, Patienten gezielt auf körperliche und emotionale Symptome zu befragen, um eine angemessene Therapie frühzeitig einzuleiten.

Therapie von Angststörungen

Die Behandlung von Angststörungen wird individuell angepasst und kombiniert häufig mehrere Ansätze, um Ängste langfristig zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern.

Psychotherapie:

  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Effektivste Therapieform zur Veränderung dysfunktionaler Gedanken und Verhaltensmuster

  • Expositionstherapie: Konfrontation mit Angstauslösern zur schrittweisen Reduktion der Angstreaktionen

  • Entspannungsverfahren: Atemtechniken, Meditation oder progressive Muskelentspannung zur Stressbewältigung

Medikamentöse Behandlung:

  • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI): Häufig eingesetzte Medikamente zur langfristigen Angstreduktion

  • Benzodiazepine: Kurzfristig zur Akutbehandlung, aber aufgrund von Abhängigkeitsrisiken nur begrenzt empfohlen

  • Betablocker: Zur Kontrolle körperlicher Symptome wie Herzrasen oder Zittern
    [S3-Leitlinie Angststörungen]

Alternative Therapie:

  • Medizinisches Cannabis wird zunehmend als begleitende Therapie bei therapieresistenter Angst erforscht. Insbesondere CBD könnte angstlösende Effekte haben. [Han et al. 2024]

Lebensstil-Anpassungen: 

  • Bewegung: Regelmäßiger Sport kann Angstzustände reduzieren

  • Gesunde Ernährung: Nährstoffreiche Kost kann das Nervensystem positiv beeinflussen

  • Soziale Unterstützung: Austausch mit Angehörigen oder Selbsthilfegruppen kann helfen

Eine individuell abgestimmte Therapie in Absprache mit Fachärzten ist entscheidend, um langfristige Erfolge zu erzielen

Mann mit Bart und grünem Hemd in einem Gespräch mit einer Therapeutin – symbolisiert psychologische Beratung oder Therapie bei Angststörungen.

Cannabis bei Angststörungen: Ein Blick auf die pflanzliche Alternative

Das Endocannabinoid-System und Angststörungen

Das Endocannabinoid-System (ECS) spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung von Stress, Angst und emotionalen Reaktionen. Es beeinflusst die neuronale Erregbarkeit, moduliert die Stressantwort und trägt zur emotionalen Stabilität bei – alles Prozesse, die bei Angststörungen eine wichtige Rolle spielen.

Endocannabinoide wie Anandamid und 2-AG binden an CB1- und CB2-Rezeptoren im Gehirn und Nervensystem. Diese Interaktion könnte dazu beitragen, übermäßige Angstreaktionen zu dämpfen, das Stressniveau zu regulieren und die emotionale Verarbeitung zu stabilisieren.

Bei Angststörungen besteht oft ein Ungleichgewicht in der Regulation von Angst- und Stressreaktionen. Die Modulation des ECS durch Cannabinoide könnte helfen, übersteigerte Angstreaktionen zu reduzieren. Besonders CBD wird für seine angstlösenden Eigenschaften erforscht.

Wirkung von THC (Tetrahydrocannabinol) bei Angststörungen

Tetrahydrocannabinol (THC) bindet direkt an CB1-Rezeptoren im zentralen Nervensystem und beeinflusst dadurch die Regulation von Angst- und Stressreaktionen. Diese Aktivierung könnte helfen, übermäßige neuronale Erregbarkeit zu reduzieren und das emotionale Gleichgewicht zu stabilisieren.

Zusätzlich besitzt THC beruhigende und entspannende Eigenschaften, die bei stressbedingten Anspannungen und Schlafstörungen unterstützend wirken können – häufige Begleiterscheinungen von Angststörungen. Einige Betroffene berichten von einer verbesserten Stressbewältigung und einem allgemein ausgeglicheneren Wohlbefinden.

Da THC psychoaktive Effekte wie Benommenheit oder verstärkte Angstreaktionen auslösen kann, sollte die Dosierung individuell angepasst und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, um die therapeutischen Vorteile optimal zu nutzen.

Wirkung von CBD (Cannabidiol) bei Angststörungen

Cannabidiol (CBD) wirkt nicht psychoaktiv und beeinflusst das Endocannabinoid-System (ECS) indirekt, indem es den Abbau körpereigener Endocannabinoide hemmt und deren Wirkung verstärkt. Dies könnte dazu beitragen, die neuronale Erregbarkeit zu regulieren und eine übermäßige Stressreaktion zu dämpfen.

Zudem besitzt CBD angstlösende und entspannende Eigenschaften, die helfen können, innere Unruhe zu reduzieren und Schlafstörungen zu verbessern – zentrale Faktoren bei Angststörungen. Viele Betroffene berichten außerdem von einer besseren Stressbewältigung und einer allgemeinen Stabilisierung ihrer Stimmung.

Da CBD keine psychoaktiven Nebenwirkungen hat, wird es häufig als gut verträgliche Option in der begleitenden Therapie von Angststörungen betrachtet – oft in Kombination mit anderen therapeutischen Maßnahmen wie Psychotherapie oder Achtsamkeitstraining.

Fazit

Cannabis bietet vielversprechende Ansätze in der unterstützenden Behandlung von Angststörungen. Durch die Beeinflussung des Endocannabinoid-Systems kann es helfen, die Stressreaktion zu regulieren, übermäßige neuronale Erregbarkeit zu dämpfen und Symptome wie innere Unruhe, Schlafstörungen und Anspannung zu lindern.

Die Therapie sollte individuell angepasst und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, um die optimale Balance zwischen THC und CBD zu finden und mögliche Nebenwirkungen zu minimieren. Besonders CBD-haltige Präparate werden zunehmend zur Unterstützung bei Angststörungen eingesetzt und können eine sinnvolle Ergänzung zu etablierten Behandlungsansätzen wie Psychotherapie und medikamentöser Therapie darstellen.

Angststörungen und Cannabis: Die Studienlage

Die Forschung zum Einsatz von Cannabis bei Angststörungen liefert zunehmend interessante Erkenntnisse:

  • Potenzielle Wirksamkeit von CBD: Eine systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse deutet darauf hin, dass CBD eine signifikante Wirkung auf die Reduktion von Angststörungen haben könnte. Besonders bei generalisierter Angststörung (GAD), sozialer Angststörung (SAD) und posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) wurden positive Effekte beobachtet. Allerdings ist die klinische Studienlage noch begrenzt. [Han et al. 2024]

  • Unsichere Evidenz für THC: Während CBD in Studien anxiolytische Effekte zeigt, sind die Ergebnisse zu THC uneinheitlich. Manche Patienten erleben eine Reduktion der Angst, während andere eine Verschlechterung der Symptome berichten. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen wie kognitive Beeinträchtigungen oder verstärkte Angstreaktionen sollte THC mit Vorsicht eingesetzt werden. [Berger et al. 2022]

  • Möglicher Placebo-Effekt: Eine Studie zeigt, dass allein die Erwartung, CBD einzunehmen, bereits angstlindernde Effekte haben kann. Teilnehmer, die glaubten, CBD erhalten zu haben, zeigten eine reduzierte Angstreaktion, obwohl sie tatsächlich nur CBD-freies Öl einnahmen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Forschung zu den tatsächlichen Wirkmechanismen. [Spinella et al. 2021]

 

Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse bleibt die Evidenzlage begrenzt. Weitere Forschung ist notwendig, um den genauen Nutzen, die optimale Dosierung und mögliche Risiken von Cannabis in der Therapie von Angststörungen besser zu verstehen.

Wie kann Ich mir Cannabis gegen Angststörungen verschreiben lassen?

  1. Beratungsgespräch: Besprich mit deinem Arzt, ob eine Cannabis-Therapie bei dir sinnvoll ist. Dabei werden mögliche Vor- und Nachteile sowie Risiken besprochen.
     

  2. Rezept: Liegt eine Indikation vor, kannst du Cannabisblüten oder -extrakte auf Rezept erhalten. Ob und in welchem Umfang die Krankenkasse die Kosten übernimmt, solltest du im Vorfeld klären.
     

  3. Einstellung: In der Regel beginnt man mit einer niedrigen Dosis, um Nebenwirkungen zu minimieren, und steigert sie schrittweise, bis man eine spürbare Verbesserung erreicht.

Häufige Fragen zu Cannabis und Angststörungen

Was bewirkt Cannabis bei Angststörungen?

Viele Menschen mit Angststörungen berichten, dass Cannabis ihre Symptome lindern kann, indem es Stress reduziert und begleitende Beschwerden wie innere Unruhe und Schlafstörungen verbessert.

 

Insbesondere CBD wird für seine angstlösenden und entspannenden Eigenschaften geschätzt, während THC beruhigend wirken und helfen kann, Anspannung zu lösen, was die allgemeine Belastung durch die Erkrankung mindern kann.

Welches Cannabis bei Angststörungen?

Cannabis kann individuell angepasst werden, je nach Symptomatik und Bedarf:

  • THC-dominante Sorten mit Terpenen wie Linalool oder ß-Caryophyllen können bei Angststörungen entspannend und beruhigend wirken. THC bindet direkt an CB1- und CB2-Rezeptoren und kann helfen, akute Stressreaktionen abzuschwächen und die emotionale Regulation zu unterstützen. Zudem kann es Schlafstörungen lindern, die häufig mit Angststörungen einhergehen.

  • CBD-dominante Sorten wirken nicht psychoaktiv und sind bekannt für ihre angstlösenden, entzündungshemmenden und entspannenden Eigenschaften. Sie eignen sich besonders für den täglichen Gebrauch, da sie Ängste reduzieren können, ohne die Konzentration oder kognitive Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen.

  • Kombinationspräparate mit abgestimmten THC-/CBD-Verhältnissen ermöglichen eine individuell angepasste Behandlung, die sowohl beruhigende als auch angstlösende Effekte kombiniert, während die psychoaktive Wirkung reduziert bleibt.

Für eine optimale Wirkung und minimale Nebenwirkungen ist eine ärztliche Begleitung unerlässlich, um die passende Sorte, Dosierung und Anwendungsform individuell abzustimmen.

Eine Lupe welche den englischen Satz "Frequently asked Questions" vergrößert.

Cannabis bei Angststörungen: Was sagt ein Arzt?

Dominik Koehler. Ein Arzt mit Kittel und STethoskop um den Hals lächelt freundlich in die Kamera.

Dominik Köhler, Arzt

"Seit über zwei Jahren begleite ich Patienten in der Cannabistherapie, darunter auch viele mit Angststörungen.

Trotz bewährter Behandlungsmethoden bleibt die Kontrolle von Angstzuständen für viele Betroffene eine Herausforderung. Cannabis kann eine vielversprechende Ergänzung zur klassischen Therapie sein, da es in einigen Fällen helfen kann.

Viele Patienten berichten, dass sie sich insgesamt entspannter fühlen, weniger unter intensiven Angstschüben leiden und ihre Stressbewältigung verbessert wird. Zudem konnte bei einigen die Einnahme klassischer Medikamente wie Benzodiazepinen oder anderen angstlösenden Mitteln reduziert werden. Dennoch sollte jede Therapie individuell mit einem Facharzt abgestimmt werden, um Sicherheit und optimale Ergebnisse zu gewährleisten.

Der Therapieerfolg und die Wahl der passenden Sorte sind individuell verschieden. Eine ärztliche Begleitung ist daher essenziell, um die optimale Dosierung und Zusammensetzung von THC und CBD zu finden."

Disclaimer

Der Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Informationsvermittlung und ersetzt keine medizinische Beratung durch einen Arzt oder eine Ärztin. Die Inhalte sollen weder zur Eigendiagnose oder -behandlung anregen noch zur selbstständigen Änderung einer bestehenden medizinischen Therapie verleiten. Canflows gibt keine Empfehlungen ab und bewirbt weder spezifische diagnostische Methoden noch Behandlungsansätze. Solltest du Änderungen an deiner medizinischen Behandlung in Erwägung ziehen, sprich dies stets mit einem Arzt ab. Außerdem kann Canflows keine Garantie für die Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen übernehmen. Aus diesem Grund schließen sowohl der Autor der Texte als auch Canflows jegliche Haftung für Schäden aus, die aus der eigenständigen Anwendung der hier bereitgestellten Inhalte resultieren.

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